AGILITÄT
Agile Netzwerkorganisation gibt Antworten auf die Komplexität unseres heutigen Zeitalters
Ziel ist es, eine dem heutigen Zeitalter angemessene Unternehmensorganisation zu schaffen und zu leben, die zu höherer Identifikation der Mitarbeiter und zu neuer Höchstleistung führt.
JAHRESPLÄNE UND ZENTRALE STEUERUNG WAREN GESTERN
Selbststeuerung und Ermächtigung von Teams in agilen Zellen
Wirkungsweise
Intensiver Wettbewerb auf globalen Märkten zwingt Unternehmen dazu, sich schnell auf wandelnde Rahmenbedingungen einzustellen. 5-Jahrespläne und zentrale Steuerung waren gestern. Was heute zählt sind Selbststeuerung und Ermächtigung von Teams in agilen Zellen. Dabei müssen wir nicht (nur) neue Tools und Begrifflichkeiten lernen, sondern unsere Einstellung zur Arbeit und ihrer Organisation komplett überdenken.
Wichtig für ein gutes Verständnis ist die Unterscheidung zweier verschiedener „Betriebssysteme“, auf deren Grundlage eine Organisation funktionieren kann:
Design-Prinzip „Alpha“:
Im Kern geht es darum, unser jahrzehntelang sehr erfolgreiches, da dem wenig komplexen Industriezeitalter angemessene, Mentale Modell „Management“ zu überdenken, das durch eine Trennung von „Denken“ und „Handeln“ gekennzeichnet ist. Das Management steuert und kontrolliert das Unternehmen zentral, die Mitarbeiter sollen die entsprechenden Pläne und Ziele umsetzen. Dieses Prinzip nennt Pfläging „Alpha“.
Design-Prinzip „Beta“:
Dem Alpha-Prinzip stellt Pfläging das Beta-Prinzip gegenüber. Heute müssen Entscheidungen auch dort getroffen werden, wo die entsprechenden Informationen zu Verfügung stehen – und das ist in der Regel in der „Peripherie“ (mit direktem wertschöpfendem Marktkontakt) und nicht im „Zentrum“ (Design-Prinzip „Beta“). Hier arbeiten die Menschen in „agilen Zellen“ und nicht mehr in „Abteilungen“ zusammen. Diese Zellen integrieren verschiedene Funktionen (z.B. Vertrieb, Innendienst, Produktmanagement) und arbeiten als „Business Teams“ wirklich für und miteinander. Die früher funktionsübergreifend fließenden Geschäftsprozesse, fließen nun vor allem innerhalb dieser Teams. Der „Marktzug“ sorgt dafür, dass die mit Saiten miteinander verbundenen Netzwerkzellen gespannt und ausgerichtet werden – ein echtes Outsourcing der im Alpha-Design-Prinzip bekannten, betriebswirtschaftlichen Funktion „Steuerung“. Folge ist eine agile Netzwerkorganisation, die eine hohe „Soziale Dichte“ aufweist und sich wie ein lebender Organismus rasch an die schnellen Veränderungen unserer komplexen Welt anpassen kann.
Für die konkrete Umsetzung empfiehlt Pfläging folgende Schritte:
- Geben Sie den Zellen in der Peripherie (mit direktem Marktkontakt) maximale Entscheidungsautonomie, mit der damit verbundenen Verantwortung und funktionsübergreifenden Rollen (Unternehmen im Unternehmen).
- Richten Sie die Zellen im Zentrum konsequent als interner Dienstleister an, ohne Rechte der Steuerung oder Kontrolle.
- Verstehen und behandeln Sie die Entwicklung der Netzwerkorganisation als einen iterativen Prozess, bei dem Sie möglichst viele Organisationsmitglieder miteinbeziehen.
Kommentar
Die Frage, welches Designprinzip (Alpha oder Beta) für eine Organisation als angemessen erscheint, hängt auch stark mit unserem Menschenbild zusammen. Diese werden schön durch zwei Theorien über die Natur des Menschen illustriert.
Während die Theorie X davon ausgeht, dass Menschen, soweit möglich, versuchen Arbeit zu vermeiden und hauptsächlich durch Geld und Angst vor Konsequenzen angetrieben werden, geht die Theorie Y davon aus, dass Menschen unter den richtigen Umständen gerne arbeiten, ihr Potenzial entfalten und Verantwortung übernehmen wollen. Wie Sie wohl bereits vermuten, „passt“ die Theorie X zum Design-Prinzip Alpha, während die Theorie Y mit dem Design-Prinzip Beta kompatibel ist.
Und welcher Typ sind Sie?
(Interessanterweise ordnen sich die meisten Menschen der Theorie Y-Fraktion zu, entdecken bei anderen Menschen aber gerne das X-Gen ;-))

Praxisbeispiel
Neben Unternehmen wie Toyota und Southwest Airlines, ist insbesondere dm ein in Deutschland sehr bekanntes Unternehmen, das äußerst erfolgreich dem Design-Prinzip einer Netzwerkorganisation folgt. Hier fand ein konsequenter Wandel der Unternehmensorganisation und –kultur statt, wobei unter dem Motto „Alle Macht den Filialen“ eine konsequente Dezentralisation und Marktausrichtung verfolgt wurde.
Eigene Übung
Wie können Sie selbst überprüfen, ob Sie in einem Alpha oder einem Beta Unternehmen arbeiten oder auch dort aktuell als Kunde unterwegs sind? Pfläging empfiehlt hier einfach zu beobachten, wie die Mitarbeiter reagieren, wenn sie mit einem Problem konfrontiert werden. Bekommen Sie intelligente Antworten, mit Blick über den Tellerrand hinaus oder geht es doch eher um „nicht zuständig“, „da müssten Sie mal in der Zentrale nachfragen, sich dort beschweren“.
Die meisten von uns kennen das Beta Design-Prinzip bisher wohl eher aus einem anderen Kontext. Vielleicht ist es der lokale Sportverein, der gemeinsam mit Freunden geplante Urlaub oder die Tätigkeit als Leiter einer Jugendgruppe in der eigenen Gemeinde oder doch die mit Mitarbeit in einem frisch aus dem Boden gestampften Start-Up. Allerdings gilt: In fast jedem Unternehmen gibt es bei genauerer Betrachtung bereits Beta-Aktivitäten. Diese können dann den Ausgangspunkt für eine Vertiefung der Beta Mentalität und Aktivität im eigenen Unternehmen darstellen und Antworten geben auf die Komplexität unseres heutigen Zeitalters.
Unser Tipp
Das herausragende Buch von Pfläging sowie einen interessanten Link finden Sie hier:
- Pfläging, N. (2015). Organisation für Komplexität. Wie Arbeit wieder lebendig wird – und Höchstleistung entsteht. REDLINE Verlag, München.
- Videos von Pfläging